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Schöne Ferien und ein gutes Neues!

Ab heute, 22. Dezember 2014, ist unser Büro bis zum 12. Januar 2015 geschlossen. Die Schließungszeiten der Geschäftsstelle der Rosa-Luxemburg-Initiative und des Bremer Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung orientieren sich in der Regel an den Bremer Schulferien sowie an Abwesenheiten durch Dienstreisen. Während dieser Zeiten sind wir teilweise – allerdings nur eingeschränkt – per eMail oder Twitter sowie in dringenden Fällen per Mobiltelefon erreichbar.

Wir wünschen bereits jetzt schöne Feiertage, einen angenehmen Jahreswechsel und ein gutes neues Jahr!

“Frohes neues Jahr” – RLS Neujahrskarte 2015 (PDF)

Bericht: Der Krieg in Syrien und im Irak – Wohin führt die linke Debatte?

Ausschnitte aus der Diskussion und weiterführende Fragen: „Der Krieg in Syrien und im Irak – Wohin führt die linke Debatte?“

Veranstaltungsbericht von Paloma Quinteros

Anlässlich des aktuellen Konflikts im Irak und in Syrien stellen sich für Linke allgemein und auch für die Linkspartei diverse und zum Teil sehr grundsätzliche Fragen, welche auch in Bremen Bestandteil der Diskussion sind. Vor diesem Hintergrund fand am 03. Dezember 2014 in Bremen ein „jour fixe“ der Rosa-Luxemburg-Initiative, der Bremer Landesstiftung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), unter dem Titel „Der Krieg in Syrien und im Irak: Wohin führt die linke Debatte?“ statt. Eingeladen waren unter anderem Doris Achelwilm, Bremer Landessprecherin der Linkspartei, Cindi Tuncel, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft für die Partei DIE LINKE, Mizgin Ciftci, Jugendreferent der Yezidischen Gemeinde Osterholz-Scharmbeck sowie weitere Akteure aus der Bremer Linken. Norbert Schepers, RLS Bremen, moderierte den Abend und hatte zur Vorbereitung ein Papier zur Veranstaltung unter dem Titel „Was folgt aus dem Krieg im Irak und in Syrien für die Linke?“ vorab online gestellt. Diese Veranstaltung sollte einen ersten Aufschlag machen, die unterschiedlichen mit diesem Krieg zusammenhängenden Fragen zu sichten und aufzuzeigen, an welchen Stellen weiterer Diskussions- und Informationsbedarf besteht.

Die Mehrheit der Teilnehmer/innen schien die Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Peschmerga eher kritisch zu sehen. Diese Haltung wurde nicht aus einer grundsätzlichen Ablehnung von Waffenlieferungen hergeleitet, kritisiert wurde vielmehr der Adressat der Lieferungen. Dies schien damit begründet zu werden, dass die Peschmerga die Jesiden in ihrem Kampf gegen den IS unzureichend unterstützt hätten. Mehr oder weniger deutlich wurden hingegen neben humanitärer Hilfe auch Waffenlieferungen an die YPG und die YPJ in dem kurdischen Autonomiegebiet Rojava in Nordsyrien gefordert.

Einerseits wurde relativ einstimmig konstatiert, dass die Konfliktsituation eher unübersichtlich und die Frage, welche Kräfte und Interessen hinter welchen Akteuren stehen, nicht immer leicht zu beantworten ist. Andererseits schien für manche der Diskussionsteilnehmer ein Freund-Feind-Schema doch anwendbar zu sein und im Zuge dessen wurde die auch militärische Unterstützung der YPG/YPJ nicht nur zur Selbstverteidigung sondern zur Verteidigung der gesamten Zivilisation gegen die Barbarei (IS) als notwendig bewertet.

Doch wie eindeutig verlaufen die Konfliktlinien tatsächlich? Welche Nachrichten und Bilder bekommen wir vom wem (und mit welchem Ziel)?

Einigkeit bestand auch hinsichtlich der Tatsache, dass eine historische Analyse des Konflikts, die auch die Aufarbeitung der Interventionspolitik in der Region und des sogenannten „War on Terrorism“ beinhaltet in den Diskussionen um die aktuelle Lage oft unberücksichtigt bleibt bzw. generell noch aussteht. Auch die Entwicklung einer Perspektive für die Zeit nach der aktuellen Eskalation des Konflikts werde viel zu selten thematisiert. Eine Strategie für die Region sei auch in der Politik der Bundesregierung (und des Westens) nicht erkennbar.

Wie aber können dann weitere Waffenlieferungen, ohne klares strategisches Ziel gefordert, bzw. “Waffen für Rojava“ unterstützt werden? Was wenn eine Aufrüstung kurdischer (und yezidischer) Akteure nicht ausreicht, um den IS zu stoppen? Mehr Waffen? Stärkere Waffen? Was wird in dieser Region der weitere Weg dieser Waffen sein?

Anerkannt wurde zwar die Tatsache, dass es auch andere grausame Konflikte auf der Welt gab, gibt und geben wird. Eher offen blieb jedoch die Frage, warum eine Intervention der Bundesregierung – in welcher Form auch immer – ausgerechnet in diesem Konflikt unterstützenswert sein könnte. Auffallend wenig Beachtung wurde seitens einiger Teilnehmer der Frage nach der Legitimation einer Intervention geschenkt, weder Grundgesetz noch UN-Charta scheinen in diesem Fall als Haltelinien zu gelten. Welche Kriterien sollen aber dann für eine Intervention gelten und wer entscheidet darüber ob sie erfüllt sind? Zwar wurde die Achtung und Stärkung des Völkerrechts als richtig und wichtig bestätigt und das Entwickeln von Vorschlägen zur Demokratisierung der UNO als linkes Zukunftsprojekt begrüßt; im aktuellen Konflikt könne man aber nicht auf den Sicherheitsrat zur Legitimierung militärischer Maßnahmen setzen. Was aber ist der Linken das Völkerrecht wert, wenn es angesichts einer aktuellen Gewalteskalation außer Acht gelassen wird?

Für die Linke und nicht zuletzt für Partei DIE LINKE stellt sich schließlich die Frage ihrer Rolle und Funktion im Setting der neuen „Verantwortlichkeit“ deutscher Außenpolitik. Wenn auch Linke ein Eingreifen der BRD in den Konflikt im Irak und Syrien (auch jenseits des Rechts) befürworten – wo finden sie sich dann angesichts der Ankündigungen seitens des Bundespräsidenten, der Bundesverteidigungsministerin und des Bundesaußenministers von einer „neuen Rolle Deutschlands in der Welt“ wieder?

Zur Autorin:
Paloma Quinteros-Yáñez ist Soziologin und Rechtswissenschaftlerin (MA) und lebt in Bremen. Sie absolviert zur Zeit ein Praktikum im Bremer Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Mitgliederversammlung 2014

Die jährliche Mitgliederversammlung der Rosa-Luxemburg-Initiative e.V. (Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen) fand am 10. Dezember 2014 statt und wählte den neuen Vorstand für das nächste Jahr. Die Vorstandsmitglieder berichteten über die Arbeit des Vereins und des Vorstandes im vergangenem Jahr. Einzelne Punkte dabei: Bericht über gelungene Eigenveranstaltungen und Veranstaltungskooperationen sowie Schwerpunkte für das kommende Jahr, Entwicklung der ehrenamtlichen Mitarbeit sowie der deutliche Zuwachs der Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge. Gleichzeitig wurde ein Dutzend Personen wegen mehrjähriger Beitragsrückstände aus der Mitgliederliste gestrichen. Die Versammlung nahm wie üblich auch den Finanzbericht des bisherigen Vorstandes entgegen und entlastete diesen einstimmig.

Der Vorstand des Vereins war vor zwei Jahren komplett neu angetreten und wurde nun einstimmig wieder gewählt: Als 1. Vorsitzende Samira Spatzek, als 2. Vorsitzender Samim Cagri Ocakli, als Finanzverantwortlicher Sönke Jungen. Neu hinzugekommen sind als Beisitzende im Vorstand Sarah Pansy und Jan Wolter. Berufener Geschäftsführer des Vereins ist Norbert Schepers, Leiter des Bremer Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Versammlung bestätigte die Mitglieder des Beirates, welcher den Vorstand bei seiner Tätigkeit unterstützt und berät. Alle Mitglieder der Vereinsgremien und ausführliche Personalia finden sich wie immer hier auf unserer Website.

Neben allgemeinem und gegenseitigem Dank rundete ein kurzer Ausblick auf das nächste Jahr die Versammlung ab. Anzumerken ist noch, dass im Juni 2014 die Rosa-Luxemburg-Initiative bereits 15 Jahre geworden ist; im September 1999 erschien das erste Halbjahresprogramm. Größere Feierlichkeiten werden zum zwanzigjährigen Jubiläum im Jahr 2019 erwartet.

Wir wünschen ein gutes neues Jahr!

Bremer Programm zum 27. Januar 2015

Zum »Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus« wird auch 2015 rund um den 27. Januar wieder ein gemeinsames Bremer Veranstaltungsprogramm angeboten, koordiniert vom Verein »Erinnern für die Zukunft« und der Landeszentrale für politische Bildung. Das Programm-Faltblatt erscheint und steht hier auf unserer Website zum Download als PDF bereit: Faltblatt 27. Januar 2015 es kann u.a. bei der Landeszentrale abgeholt und verteilt werden. Die Rosa-Luxemburg-Initiative unterstützt »Erinnern für die Zukunft« durch eine Mitgliedschaft im Verein und steuert auch dieses Jahr wieder mehrere Veranstaltungen, gemeinsam mit der Bremer VVN-BdA und anderen, zum Programm bei.

Benim Çocuğum – Mein Kind – My Child. Filmrundreise mit Can Candan

Der Dokumentarfilm “Benim Çocuğum” handelt von mutigen Eltern und deren Geschichten: Sie sind Eltern von schwulen, lesbischen, bisexuellen und transsexuellen (LSBT) Kindern aus Istanbul, sie leben in einer Gesellschaft, die jegliche Form von Andersartigkeit ablehnt, und sie lassen uns in dieser Langfilm-Doku an ihrem Schicksal teilhaben. Diese Eltern haben im Jahr 2009 LISTAG gegründet – eine Familieninitiative, die nicht nur für ihre Kinder einsteht, sondern mittlerweile offen für die Rechte der LSBT-Personen in der Türkei kämpft.
In dem Dokumentarfilm ‘Mein Kind‘ teilen sieben Eltern ihre persönlichen Geschichten und ihre Erfahrungen in der LISTAG, der LSBT-Familiengruppe Istanbuls. Wie gehe ich mit meinem Kind um, wenn es sagt, dass es anders ist, anders als alle anderen? In dem Film geht es um die Leugnung, Traumata, Angst, Scham und Hilflosigkeit der Eltern; aber genau so handeln ihre Geschichten vom Aufstehen, von Mut und von Selbstlosigkeit. Es wird aufgezeigt, wie die Protagonisten die Gesellschaft konfrontieren, nur weil sie der Beziehung zu ihren Kindern Vorrang geben. Die persönliche Geschichte erhält eine gesellschaftliche Tragweite – Tabus werden angesprochen, überholte Ängste und Stereotypen in Frage gestellt. Wie viel bedeutet mir mein Kind, und, wie viel die Gesellschaft, in der ich lebe? Das ist die zentrale Frage, welche ‘Mein Kind‘ letztendlich auch an das Publikum richtet…

Der Dokumentarfilm “Benim Çocuğum – Mein Kind” von Can Candan startet voraussichtlich im April 2015 in Bremen eine bundesweite Rundreise. Der Regisseur stellt den Film vor und diskutiert mit dem Publikum. Für die Rundreise in 2015 wurden bereits bundesweit verschiedene Initiativen und Organisationen sowie einzelne RLS-Landesstiftungen angefragt, unter anderem in Bremen, Berlin, Frankfurt (Main), Leipzig, Hamburg, Köln, Stuttgart, München.

Lektürekurs zu Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Band 1

Wöchentlicher Lektürekurs mit Moritz Zeiler (Bremen) und Oliver Barth (Oldenburg)
Kursbeginn am Montag, 02. Februar 2015, 19.30 Uhr
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

Seit der Krise 2008ff wird vermehrt Kritik am Kapitalismus laut. Selbst der Papst hält, wie er jüngst verlautbarte, unsere Wirtschaftsform „unerträglich“, denn diese „Götzendienerei am Götzen Geld“ benötige den Krieg und töte alles. Bei dieserart Kritiken überwiegt meist ein undeutliches Verständnis der kapitalistischen Verhältnisse sowie Ressentiments gegen Banken, Management und ‚die da oben‘. Doch Empörung und Anklage Einzelner allein haben die gesellschaftlichen Verhältnisse noch nie zum Besseren verändert, sondern im Gegenteil eher zu Rückschritt und Barbarei geführt. Kritische Untersuchung ökonomischer und politischer Zusammenhänge ist für gesellschaftliche Emanzipation daher unverzichtbar. Die Marx’sche Kritik der politischen Ökonomie wurde zwar im 19. Jahrhundert veröffentlicht, bietet aber nach wie vor eine der profundesten Analysen des Kapitalismus.

Mit dem Lektürekurs wird in zentrale Begriffe von Marx eingeführt. Unter anderem interessieren folgende Fragen: Was unterscheidet Kapitalismus von früheren Gesellschaftsepochen? Was versteht Marx unter Ware, Wert, Geld und Kapital? Welche Bedeutung haben bei ihm Fetischismus, Klasse und Staat?

Plakatmotiv Marxlektürekurs 2015

Plakatmotiv Marxlektürekurs 2015

Ab Anfang Februar 2015 wird einmal wöchentlich der erste Band des Marx’schen Kapital gelesen und diskutiert und so bis Anfang Dezember insgesamt erarbeitet. Der Kurs wendet sich vor allem an diejenigen, die in eine kollektive Auseinandersetzung mit der Marx’schen Kritik der politischen Ökonomie einsteigen möchten und keine größeren Vorkenntnisse haben. Dabei sollen alle Fragen erlaubt sein und Expert_innendebatten vermieden werden. Die Referenten werden moderieren und einen Überblick über verschiedene Lesarten geben, jedoch keine allgemeingültige Interpretation präsentieren. Gewünscht ist gemeinsame Textaneigung und Diskussion.

Oliver Barth ist Soziologe aus Oldenburg. Moritz Zeiler ist Historiker und Politikwissenschaftler aus Bremen sowie Mitarbeiter des Regionalbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen. Beide sind Mitglieder der Gruppe associazione delle talpe.

Der Lektürekurs wird in Kooperation organisiert von associazione delle talpe, Rosa-Luxemburg-Initiative Bremen und Rosa-Luxemburg-Stiftung – Akademie für politische Bildung Berlin.

Anmeldung bitte unter zeiler@rosalux.de

Informationen unter: das-kapital-lesen.de // associazione.wordpress.com // rosa-luxemburg.com

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toilette leider nicht.

Grüne Braune – Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts

Buchvorstellung mit Peter Bierl (Diessen am Ammersee)
Freitag, 13. Februar 2015 / 19.00 Uhr
Infoladen / St. Pauli-Str. 10-12 / 28203 Bremen

Reihe intros. Einführungen in kritische Gesellschaftstheorie

Seit Jahren versuchen militante Neonazis und rechte Ideolog_innen mit ökologischen Themen zu punkten. Die NPD protestiert gegen Gentechnik, Kameradschaften demonstrieren gegen Castor-Transporte und Autonome Nationalisten gegen Schweinemastbetriebe und für Vegetarismus. Werden rechte Ökobauern und -bäuerinnen enttarnt, löst deren Engagement immer wieder Überraschung aus. Bürgerinitiativen zeigen sich verwundert, wenn extrem Rechte mitmischen. Dabei haben Nazis immer schon gesellschaftliche Widersprüche aufgegriffen und gemäß ihrer Weltanschauung interpretiert, um neue Anhänger_innen zu rekrutieren. Das gilt besonders für die Ökologie, da Umweltschutz traditionell ein Thema der Rechten ist. Die Lebensreformer_innen und Heimatschützer_innen des Kaiserreichs und der Weimarer Republik waren überwiegend konservativ bis völkisch-antisemitisch. Ideen und Personen aus diesem Spektrum prägten noch die moderne Ökologiebewegung und die Gründungsphase der Grünen. Die Biozentrist_innen und Tiefenökolog_innen, die sich im Umfeld von Protestbewegungen der 1970er Jahre entwickelten, verbinden Esoterik mit prinzipieller Menschenfeindlichkeit. Sie agitieren gegen Einwanderung und eine angebliche Überbevölkerung. Parolen der Neuen Rechten gegen Homogenisierung, für kulturelle Differenz und ein Recht auf Heimat sind längst in linke und ökologische Diskurse eingegangen.

Peter Bierl kommt aus Süddeutschland und arbeitet als Journalist, vor allem zu diversen Formen von Aberglaube, Esoterik und pseudowissenschaftlichem Unfug, auch in linken Diskursen. Veröffentlichungen unter anderem: Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister: Die Antroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik, Hamburg 2005; Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts – Der Fall Silvio Gesell, Hamburg 2012; Grüne Braune – Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts, Münster 2014.

Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toilette leider nicht.

Europa zwischen Weltmacht und Zerfall

Buchvorstellung mit Rainer Trampert (Hamburg)
Freitag, 13. März 2015, 19.00 Uhr
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

Rainer Trampert analysiert eine neue Epoche. Warum stagniert der alte Kapitalismus, während die halbe Menschheit sich auf dem Weg der größten Industrialisierung aller Zeiten befindet? Warum ist Europa der Sanierungsfall des Weltkapitalismus, dem die große Kapitalvernichtung noch bevorsteht? Imperialismus ist kein Privileg der USA und der europäischen Staaten mehr. Worauf steuern die Verschiebung der Produktion nach Asien, das Tauziehen um die Ukraine, die Stellvertreterkriege im Nahen Osten und in Afrika und andere geostrategische Brennpunkte zu? Anders als im 19. Jahrhundert driften Kapitalbewegung und Staatsidee heute auseinander. Das expansive Kapital sprengt die Fesseln der europäischen Nationen, aber das Bewusstsein klebt an der Nation oder fällt in die Kleinstaaterei mit eigener Münzprägung zurück, in den Rechtspopulismus und Faschismus. Trampert erklärt, warum Deutschland nicht erst durch den Euro zum Hegemon der EU aufgestiegen ist, dem auf der Höhe seiner Macht das Objekt derselben abhanden zu kommen droht. Er analysiert die deutsche Ideologie, etwa die Propaganda von der überlegenen europäischen Kultur gegenüber den USA, vom «gesunden nordischen Charakter» versus der «griechischen Krankheit», ein Begriff, der Kulturen beseitigen soll, die dem Kapitalismus noch Leben abtrotzen. Er beschreibt die europäische Geschichte, räumt mit der Mär vom «guten Nachkriegskeynesianismus» auf, kritisiert den Linkskeynesianismus und behandelt das Thema «Krise und Verschwörungsphantasien». Er untersucht, ob die Motorisierung der Welt und die grüne Revolution neue Impulse bringen und stellt die Systemfrage. Er konstatiert, dass es ein linke Europa genauso wenig wie das linke Vaterland gibt. Die Marktwirtschaft ist historisch überholt, aber wo ist das Bewusstsein für eine neue Gesellschaft?

Rainer Trampert lebt in Hamburg und schreibt für konkret, jungle world und Phase 2. Veröffentlichungen unter anderem: Offenbarung der Propheten (zusammen mit Thomas Ebermann), Hamburg 1995; Verpasst Deutschland den Anschluss? (zusammen mit Thomas Ebermann), Emmendingen 2000; Europa zwischen Weltmacht und Zerfall, Stuttgart 2014.

Eine Veranstaltung von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toilette leider nicht.