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„Kraft der Negation“? – Anmerkungen zur Geschichte der antideutschen Linken

Vortrag und Diskussion mit Horst Pankow (Berlin)
Freitag, 08. Mai 2015, 19.00 Uhr
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

Der Zusammenbruch der sog. „realsozialistischen“ Länder Ende 1989 war der damaligen BRD gleich eine doppelte Freude: Einerseits verschwanden damit jene Staaten, die der antikommunistischen Doktrin dieser Zeit als konkurrierende politische Alternative galten. Anderseits konnte nun das deutsche imperiale Hauptziel, die Aneignung des Territoriums der gestrauchelten DDR verwirklicht werden. Die radikale Linke jener Zeit sah ein „4. Reich“ am historischen Horizont aufziehen. Dagegen wurde mit aller Kraft mobilisiert, ,,Nie wieder Deutschland!” wurde zur allgemeinen Losung. Wer in der Linken etwas auf sich hielt, verstand sich als antideutsch. Heute zeigen sich Fehleinschätzungen der damaligen Antideutschen. Der zunächst heftig aufbrandende Pogrom-Nationalismus erwies sich als Episode. Die befürchtete militärische Aggression blieb bislang auf die Beteiligung an der Zerschlagung Jugoslawiens und auf diverse „Friedensmissionen“ beschränkt. Statt der befürchteten Rehabilitierung des Nationalsozialismus erlebte die Totalitarismustheorie ein Revival. Für radikale Linke gibt es freilich keinen Grund für eine Versöhnung mit dem wiedervereinigten Deutschland. Sein Konzept von Verarmung im Inneren als Bedingung für den internationalen Markterfolg diktiert Deutschland den anderen EU-Staaten mittels finanzieller Erpressung und bewirkt so Elend und Not vor allem (noch) an den Rändern der EU. Es steht als Führungsmacht der EU und „Exportweltmeister“ nun in unmittelbarer Konkurrenz zu den kapitalistischen global players, vor allem den USA und Russland. Politisch hat Deutschland nach dem Ende des Kalten Krieges zunehmend auf autoritäre Juniorpartner, namentlich den politischen Islam, gesetzt. Der ideologische Kitt dafür ist die unverzichtbare Israelkritik. Dieses und so manches Weitere würde eigentlich eine antideutsche radikale Linke ins historische Recht setzen. Nur leider existiert eine solche nicht mehr. Das einstige Sammelsurium, das eine emanzipatorische Infragestellung der besonderen deutschen Verhältnisse als Ausdruck des falschen kapitalistischen Allgemeinen anstrebte, ist verschwunden. Die damaligen Aktiven zogen sich entweder in die Bürgerlichkeit oder in ihren alten Kleingruppenaktivismus zurück, wenn sie sich nicht gar direkt ins reaktionäre Lager begeben haben.

Horst Pankow beteiligte sich an der Nie-wieder-Deutschland-Bewegung und war bis 2003 Redakteur der Zeitschrift Bahamas. Er schreibt für Jungle World und andere.

Die Veranstaltung wird organisiert von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.

 Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toilette leider nicht.

„Arbeit macht frei“ – Über den Zusammenhang von deutschem Arbeitswahn und Antisemitismus

Vortrag und Diskussion mit Klaus Thörner
Freitag, 24. April 2015, 19.00 Uhr
Infoladen, St. Pauli-Str. 10-12, 28203 Bremen

Reihe intros. Einführungen in kritische Gesellschaftstheorie

Nicht der Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges, der 8. Mai, ist gesetzlicher Feiertag in Deutschland, sondern, seit seiner Einführung durch Adolf Hitler, der Tag der Arbeit am 1. Mai. Auch für die deutsche Linke hat dieser Tag als „Kampftag der Arbeiter“ bis heute eine größere Bedeutung als der 8. Mai. Dabei negiert sie den verhängnisvollen Zusammenhang des deutschen Arbeitsverständnisses mit dem Antisemitismus, der sich für die Opfer der Shoah in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern bereits an den Eingangstoren in der Parole „Arbeit macht frei“ manifestierte. Klaus Thörner wird in seinem Vortrag den von Martin Luther geprägten deutschen Arbeitsbegriff und die in den Arbeitshäusern seit Mitte des 16. Jahrhunderts gewaltsam durchgesetzte deutsche Arbeitsmoral, deren Kehrseite immer der Antisemitismus war und ist, darstellen und deren Auswirkungen bis in die Gegenwart nachgehen.

Dr. Klaus Thörner ist unter anderem Co-Autor des Buches: Goldhagen und die deutsche Linke. Oder die Gegenwart des Holocaust, Berlin 1997.

Die Veranstaltung wird organisiert von associazione delle talpe in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toilette leider nicht.