SZ druckt JF-Anzeigen – Leserbrief dazu aber nicht

Die Süddeutsche Zeitung hat großformatige Anzeigen der „Jungen Freiheit“ veröffentlicht. Einen Leserbrief, der dies kritisiert, wollte das Blatt aber nicht drucken. NPD-BLOG.INFO dokumentiert das Schreiben an die SZ, welche in ihrem Online-Shop übrigens auch Literatur aus rechtsextremen Verlagen vertreibt. Aber hier zunächst der Brief:

4. Oktober 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Süddeutsche Zeitung druckte in ihrer Wochenendausgabe vom 2./3. Oktober eine großformatige Werbeanzeige der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Die „Junge Freiheit“ ist das Flaggschiff der extrem rechten Publizistik in Deutschland, das sich seit geraumer Zeit in einer bürgerlich-konservativen Verpackung zu verkaufen versucht. Sie bietet all jenen eine Plattform, denen die NPD und Straßennazis zu primitiv sind und die ihren Nationalchauvinismus gerne mit einem gewissen kulturellen Niveau verbrämen. Sie ist in der Grauzone zwischen Neokonservatismus und Neofaschismus beheimatet und arbeitet seit zwei Jahrzehnten an der historischen Legende einer „sauberen deutschen Rechten“ jenseits der NSDAP. Dabei waren es gerade die geistigen Vorbilder der „Jungen Freiheit“, die Hitler in Weimar den Weg an die Macht geebnet haben: Die Schriften Oswald Spenglers, Arthur Moeller van den Brucks und Ernst Jüngers haben das geistige Feld bereitet, die Kreise um Franz von Papen und Carl Schmitt die politischen Weichen gestellt.
Die „Junge Freiheit“ bezieht sich seit jeher auf jene politischen Kräfte, die mit der NSDAP die Koalition eingingen, und führt deren völkischen Nationalismus fort. Autoren der „Jungen Freiheit“ und Aktivisten des mit ihr eng verbundenen „Instituts für Staatspolitik“ betreiben die intellektuelle und politische Rehabilitation des europäischen Faschismus. Als Beispiel für diese Strategie sei der in der Anzeige namentlich erwähnte Karlheinz Weißmann genannt. Die „Junge Freiheit“ steht zudem für einen aggressiven christlichen Fundamentalismus. Sie verbreitet geschichtsrevisionistische Thesen und stellt die Ergebnisse der historischen Forschungen zur Vernichtung des europäischen Judentums in Abrede. So ergriff sie nicht nur Partei für den Holocaustleuger der fundamentalistischen Pius-Bruderschaft, Bischof Richard Williamson, sondern verbreitet, die Ergebnisse der Erforschung des Holocausts seien „von wissenschaftsfremden Kräften vorgegeben“ (JF 8/2009). Man führe sich zudem vor Augen, dass ihre Anhänger im November 2009 ernsthaft gegen die Teilnahme der Bundeskanzlerin Angela Merkel an den Gedenkfeierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkrieges demonstrierten. Ihre außenpolitische Programmatik wäre, sollte sie jemals umgesetzt werden, eine Gefahr für den Frieden in Europa.
Es war zu erwarten, dass die „Junge Freiheit“ im Schatten der Demagogen vom Schlage Thilo Sarrazins und Erika Steinbachs die angeheizte Debatte über eine „Renaissance des Konservatismus“ für ihre Zwecke nutzen würde. Nicht zu erwarten war dagegen, dass sich ein seriöses Medium wie die Süddeutsche Zeitung für eine Anzeige dieses Organs zur Verfügung stellt. Wir fordern die Süddeutsche Zeitung dazu auf, diesem Normalisierungsprozess völkischer und extrem rechter Positionen nicht auch noch Vorschub zu leisten und bei der Auswahl ihrer Anzeigenkunden künftig etwas sensibler zu Werke zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Knud Andresen, Studienleiter Gustav-Heinemann-Bildungsstätte, Bad Malente

Friedrich Burschel, Referent zu Neonazismus und Strukturen/Ideologien der Ungleichwertigkeit, Rosa Luxemburg Stiftung

Anna Conrads, rechtspolitische Sprecherin DIE LINKE im NRW-Landtag

Prof. Dr. Michel Cullin, ehemaliger stellvertretender Generalsekretär des Deutsch-Französischen Jugendwerks

Prof. Dr. Frank Deppe, Marburg

Michael Ebenau, Gewerkschaftssekretär, IG Metall Jena-Saalfeld und IG Metall Gera

Prof. Dr. Norbert Finzsch, Direktor der Anglo-Amerikanischen Abteilung des Historischen Instituts, Universität zu Köln

Richard Gebhardt, Politikwissenschaftler, RWTH Aachen

Prof. Dr. Wolfgang Fritz Haug, Berliner Institut für kritische Theorie e.V.

PD Dr. Kirsten Heinsohn

Dr. habil Klaus Holz, Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland, Berlin

Prof. Dr. Siegfried Jäger, Duisburg

Jan Jetter, Bildungsreferent, Hamburg

Stefan Kausch, Engagierte Wissenschaft e.V., Leipzig

Kerstin Köditz, MdL Sachsen; Sprecherin der Fraktion Die LINKE für antifaschistische Politik

Hildgarde Lisse, SPD-Aachen-Ost, ehem. Ratsfrau im Rat der Stadt Aachen

Birgit Mollemeier

Dr. Thomas Müller, Sozialwissenschaftler und Historiker, Aachen

Petra Pau, MdB, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

Frank Schubert, Forum für kritische Rechtsextremismusforschung , Leipzig

Dr. Stefan Vogt, Ben-Gurion University of the Negev, Beer-Sheva, Israel

Dr. Volker Weiß, Villigster Forschungsforum zu Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus e.V.

Volkmar Wölk

Uwe Wötzel, Gewerkschaftssekretär, ver.di

sowie:

Antifaschistisches Bündnis Bergedorf, Hamburg

Mobiles Beratungsteam gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Hessen

Opferperspektive Brandenburg e.V., Beratung von Opfern rechts-motivierter Gewalt

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der antifaschistischen Konferenz „Manometer“ vom 1. – 3. Oktober in Kassel

Quelle: http://npd-blog.info/2010/10/09/sz-druckt-jf-anzeigen-leserbrief-dazu-aber-nicht/ – dort gibt es auch noch mehr Informationen. Die RLI wurde um Unterstützung dieses Leserbriefes angefragt, konnte aber nicht mehr rechtzeitig reagieren.

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