Lade Veranstaltungen

« Alle Veranstaltungen

  • Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.

Ernst Fraenkel: Der Doppelstaat

6. Dezember | 11:00 - 7. Dezember | 16:00

Wochenendseminar mit Moritz Zeiler am 06.–07.12.2025 / Anmeldung bitte unter mail@talpe.org

Der Doppelstaat von Ernst Fraenkel ist ein besonderes Werk, da es die einzige umfangreiche kritische Studie über die nationalsozialistische Herrschaft darstellt, die nicht aus der Distanz des Exils verfasst wurde. 1933 untersagte das nationalsozialistische Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums und andere Gesetze Menschen jüdischer Herkunft und Mitgliedern linker Parteien die Ausübung ihrer Berufe. Aufgrund einer Sonderregelung, die seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg betraf, konnte Fraenkel dennoch als Jude und Sozialdemokrat als einer von wenigen betreffend weiter als Anwalt arbeiten. Er nutzte seine Prozessbeobachtungen und die Lektüre nationalsozialistischer Rechtsschriften, um eine detaillierte Analyse von Staat und Recht im Nationalsozialismus zu erarbeiten. Nach seiner Emigration veröffentlichte er in den USA 1941 The Dual State. Das Buch wurde nach seinem Erscheinen im englischsprachigen Raum durchweg positiv besprochen, in Deutschland wurde Fraenkels Doppelstaat hingegen lang kaum registriert. Erst 1974 Jahre erfolgte die Veröffentlichung in deutscher Sprache.

Die nationalsozialistische Herrschaft unterteilte sich nach Fraenkel in zwei zentrale Bereiche: Normenstaat und Maßnahmenstaat. Im Normenstaat galt die Herrschaft des Rechts, wodurch das Funktionieren der kapitalistischen Ökonomie und das Recht auf Eigentum garantiert wurde. Im Maßnahmenstaat hingegen setzen die herrschenden nationalsozialistischen Eliten ihre Interessen mit Gewalt und Willkür durch. Die Parole „Recht ist, was dem deutschen Volke nützt“ drückte Fraenkel zufolge die nationalsozialistische Ablehnung abstrakter und allgemeiner gültiger Rechtsprinzipien zugunsten eines exklusiven Rechtsverständnisses aus, das nur Gültigkeit für die deutsche „Volksgemeinschaft“ besaß. Durch den Ausschluss der Jüdinnen und Juden aus der normenstaatlichen Sphäre des Rechts versuchten das nationalsozialistische Regime die deutsche Gesellschaft gewaltsam zu homogenisieren und damit ihr Ideal der „Volksgemeinschaft“ zu realisieren.

Mit dem Seminar soll ein Überblick über die zentralen Thesen von Fraenkels Studie gegeben und diese mit zeitgenössischen linken Faschismusinterpretationen verglichen werden. Zudem soll diskutiert werden, inwiefern seine Analysen auch einen Beitrag für ein besseres Verständnis aktueller autoritärer Tendenzen liefern können. Es werden gemeinsam Textausschnitte gelesen und diskutiert.

Moritz Zeiler hat Geschichte und Politikwissenschaften studiert und ist Mitglied der Gruppe associazione delle talpe. Veröffentlichungen: Das Klima des Kapitals. Gesellschaftliche Naturverhältnisse und Ökonomiekritik, Berlin 2022 (Herausgabe mit Valeria Bruschi), Materialistische Staatskritik. Eine Einführung, Stuttgart 2017 sowie zusammen mit associazione delle talpe Herausgabe der Textsammlungen Staatsfragen. Einführungen in die materialistische Staatskritik, Berlin 2009 sowie Maulwurfsarbeit I-VII, Berlin/Bremen 2010- 2024.

Details

  • Beginn: 6. Dezember | 11:00
  • Ende: 7. Dezember | 16:00

Veranstaltungsort

Infoladen Bremen
St. Pauli-Str. 10-12
Bremen, Bremen 28203 Deutschland
Google Karte anzeigen

Barrierefreiheit

Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich, die Toiletten jedoch leider nicht.