Ungarn auf dem Weg zur völkischen Gemeinschaft
Vortrag und Gespräch mit dem Wiener Journalisten Karl Pfeifer und Vorführung des biografischen Films „Zwischen allen Stühlen“
Montag, 15.11.2010, 18.30 Uhr Filmvorführung (87 min)
20.15 Uhr Gespräch mit Karl Pfeifer
Gewerkschaftshaus Bremen, Bahnhofsplatz 22-28
1938 flüchtete Karl Pfeifer als Zehnjähriger mit seiner Familie aus Österreich, zunächst nach Ungarn. Vier Jahre später erreichte er Palästina mit einem der letzten Kindertransporte des Hashomer Hatzair. Er lebte im Kibbuz, kämpfte im Israelischen Unabhängigkeitskrieg und kehrte Anfang der 1950er Jahre nach Österreich zurück.
Der Film begleitet Karl Pfeifer an zentrale Orte seines Lebensweges. Orte, an denen er antisemitischen Angriffen ausgesetzt war. Orte, an denen er seine politischen Einstellungen schärfte.
Der Journalist Karl Pfeifer war und ist ein unbequemer Kritiker. Er bezieht Position gegen Antisemitismus und menschenverachtende Einstellungen. Dafür wird er nicht selten angefeindet.
Ein Schwerpunkt seines Wirkens bildet die Berichterstattung über die Entwicklungen der politischen Rechten in Ungarn. Die Situation ist besorgniserregend seit nach den Wahlen im April die völkische Regierungspartei Fidesz des Präsidenten Viktor Orbán, mit einer 2/3-Mehrheit, und die nationalsozialistische Jobbik, mit 17 Prozent, oft genug gemeinsam einen dominant-rechten Kurs im Parlament verfolgen.
Breite Teile der ungarischen Gesellschaft sympathisieren mit den Rechten, die sich mittels Blut- und Bodenideologien als Widerstandskämpfer gegen den globalen Kapitalismus stilisieren. Die Ungarische Garde – eine von Jobbik zum „Schutz” der Bevölkerung vor „Zigeunerkriminalität” gestellte paramilitärische Organisation – marschiert trotz Verbot ungestört durch Ungarn. Antiziganismus, Antisemitismus und Homophobie nehmen stetig zu. Das Erstarken rechter Kräfte in Ungarn kann jedoch nicht vereinfachend als eine lediglich ungarische Problemlage gekennzeichnet werden. Ebenso muss die wirtschaftspolitische Problematik in den Blick genommen werden, die der aktuellen Entwicklung einer radikalen europäischen Rechten zugrunde liegt.
Zwischen allen Stühlen – Lebenswege des Journalisten Karl Pfeifer
Ein Film von Daniel Binder, Mary Kreutzer, Ingo Lauggas, Maria Pohn-Weidinger, Thomas Schmidinger. 2008, 87 min.
Karl Pfeifer lebt als Journalist und Autor in Wien. Er gilt als ausgewiesener Kenner der rechten Szene in Ungarn. Zahlreiche Publikationen für die ungarische Wochenzeitung Hetek, Jungle World, Antifaschistisches Infoblatt, Die Jüdische u.a.
In Kooperation mit Deutsch-Israelischer Gesellschaft Bremen und DGB Jugend Bremen.