Erich Mühsam: Tagebücher aus dem 1. Weltkrieg

Lesung und Diskussion mit dem Herausgeber Chris Hirte
Freitag, 21. März 2014, um 20.00 Uhr
Galerie K‘ – Zentrum Aktuelle Kunst, Alexanderstr. 9b, 28203 Bremen

15 Jahre lang, von 1910 bis 1924, hat Erich Mühsam, der berühmteste deutsche Anarchist sein Leben festgehalten – ausführlich, stilistisch pointiert, schonungslos auch sich selbst gegenüber – und niemals langweilig. Was diese Tagebücher so fesselnd macht, ist der wache Blick des Weltveränderers. Mühsam wollte Anarchie praktisch ausprobieren. Anarchie hieß für ihn: Leben ohne moralische Scheuklappen, ohne Rücksicht auf Konventionen – und er bewies, dass es geht. Auch das Schreiben ist Aktion, in allen Sätzen schwingt die Erwartung des Umbruchs mit, den er tatsächlich mit herbeiführt: Die Münchner Räterevolution ist auch die seine, und die Rache der bayerischen Justiz trifft ihn hart.

Der Schwerpunkt der Lesung sind Mühsams Tagebücher aus der Zeit des 1. Weltkriegs. Mühsam braucht das Tagebuch zu dieser Zeit, um Schock und Verzweiflung in Worte zu fassen, die Trümmer seiner alten Gewissheiten neu zu sortieren. Erst langsam durchschaut er die Propagandalügen und findet zu einer eigenen Haltung. Das Kriegstagebuch dokumentiert sein Tasten und Irren, seine Suche nach der Wahrheit über den Krieg und nach einer neuen Rolle für sich selbst. So bleibt Mühsam trotz aller Abstürze bei sich und bei seinen Lesern: Als einer, der seine Wege und Irrwege offenlegt und zu einem Stück deutscher Geschichte werden lässt.

Chris Hirte war Mitherausgeber der Erich-Mühsam-Werkausgabe beim Verlag Volk und Welt (1978–1985). Seine Mühsam-Biographie erschien 1985 im Verlag Neues Leben, 2009 in überarbeiteter Neuauflage beim Ahriman Verlag Freiburg. 1994 veröffentlichte er bei dtv München eine Auswahl aus den Tagebüchern. Seit 2009 arbeitet er gemeinsam mit Conrad Piens an der Gesamtausgabe der Tagebücher, die im Verbrecher Verlag erscheint.

Eine gemeinsame Veranstaltung von ExLibris und der Rosa-Luxemburg-Initiative – Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Bremen.