Die Neue Linke der 70er Jahre und (ihre) antisemitischen Argumentationsmuster

Dienstag, 16 Oktober 2007 , 20 Uhr
Infoladen, St. Pauli Str. 10/12, 28203 Bremen

Eine Analyse der Agit 883 und ihre politische Kontextualisierung
Vortrag mit Diskussion

Mit Knud Andresen

Es ist in der Forschung wie auch in der politisch aktiven Linken heute weitgehend unstrittig, dass es Antisemitismus auch in der Linken gegeben hat und gibt. Aber die Frage nach der Bedeutung und Einordnung der antisemitischen Phänomene spaltet die Geister. War ein als Antizionismus getarnter Antisemitismus konstitutiv für die Linke nach 1968? Oder handelt es sich um Erscheinungen von mangelnder Reflexion, unangenehmen Einzelfällen und gerüttelter Dummheit, die normativ von der Linken auszugrenzen sind? Paradox mag die Frage nach einem linken Antisemitismus erscheinen, wenn die damals und manchmal noch heute behauptete Unvereinbarkeit von Antisemitismus und Linkssein angenommen wird.

Es gehörte und gehört jedoch zu den analytischen Kurzschlüssen dieses normativen Verständnisses, von vornherein die Frage nach einem linken Antisemitismus als unzulässig zu betrachten und Diskussionen so abzuschneiden. Und das ist angesichts der Vielzahl antisemitischer Phänomene in der Linken bis heute eine unverantwortliche Haltung.

Als 1969 die Berliner Underground-Zeitung Agit 883 zum ersten Mal erschien, war die Unterstützung der PalästinenserInnen, und mit ihr eine antizionistische Grundeinstellung, bereits verbreitet. Anhand der Zeitung kann die Entwicklung und Verhärtung des Antizionismus in der Zeit 1969 bis 1972 in der bundesdeutschen Linken skizziert werden.

Der Historiker Knud Andresen (Hamburg) wird in seinem Vortrag nicht nur eine Analyse der Agit 883 vornehmen, sondern die gesamten siebziger Jahre und ihre Tradierungslinien in der bundesdeutschen Linken in den Blick nehmen. Dabei sollen die verschiedenen Deutungsmuster, Kooperationen, konstitutiven Elemente und umstrittene Frage der Neuen Linken vorgestellt und ihre Entwicklung nachgezeichnet werden.

Knud Andresen lebt als Historiker in Hamburg. Er ist Mitherausgeber des Buches rotaprint 25 (Hrsg.): Agit 883. Bewegung, Revolte, Underground in Westberlin 1969–1972; 296 Seiten, mit CD mit sämtlichen Ausgaben der Agit 883, Hamburg 2006, http://www.assoziation-a.de/neu/Agit_883.htm und hat gerade das Buch „Der undogmatische Sozialist Heinz Brandt (1909-1986)“ (Bonn 2007) veröffentlicht.

Eine Veranstaltung der Rosa Luxemburg Initiative in Kooperation mit dem Antifaschistischen Komitee